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Reviews *** Reviews
Kulturterrorismus
Wenn zwei Projekte für musikalische Abenteuer stehen, dann sind es Aalfang
mit Pferdekopf & Dronaement, welche mit “Hermit Haven” dem Wort Wahnsinn eine
neue Bedeutung verleihen, die vornehmlich Liebhabern höchst experimenteller
Sounds zusagen dürfte. Beide Protagonisten publizier(t)en über unzählige Manufakturen
weltweit, um ihre “Fluten” von Material unterzubekommen. Für dieses Werk wählten
die Herren Tosom aus, das mit “Hermit Haven” einen großen Fang machte, der
in einer Auflage von 150 Exemplaren erschien, die in einer DVD Auslieferung
finden. Wen dieser Planet & seine Population nur noch anödet, der sollte das
Angebot von Mirko Uhlig (Aalfang mit Pferdekopf) & Marcus Obst (Dronaement)
annehmen und mit ihnen an einen verlassenen Zufluchtsort reisen, wo sich folgende
chaotische Zustände abspielen: 1. Ein umgestürzter Hafen: Hope is the canvas
on that you tallow 2. The conductors is reeling 3. Dronabinol 4. Ethnographische
Kühe 5. Suchness/ Suchmess 6. Kurt Schwitters stand am Hafen und in Flammen,
seine Haare zu Gebirgen frisiert Wie schon in der Vergangenheit beweisen die
Künstler, dass sie inhaltlich in Sphären kreisen, die die Mehrheit nicht einmal
erahnen kann, weshalb Aalfang mit Pferdekopf & Dronaement weiterhin nur einer
kleinen Gruppe von Individualisten vorbehalten bleibt. Musikalisch zelebrieren
die Akteure mit “Hermit Haven” einen kompakten aber chaotischen Soundtrack,
der dröhnende Ambientcollagen versetzt mit Feldaufnahmen offeriert, die in
den Punkten Abwechslungsreichtum, Spannungsbögen & Vereinnahmung zu den Lichtern
der Szenerie gehören (und umhauen, wenn man (Frau auch) sich drauf einlässt!).
Auch nach dem x-ten Hördurchlauf liefert “Hermit Haven” aufgrund seiner Vielschichtigkeit
noch frische Eindrücke, wodurch dieses Release über eine gewisse Langlebigkeit
verfügt, eine Tatsache, welche in der aktuellen Musikgeschichte ehr selten
auftritt. Besonders allen Kopfkinofans sei diese Arbeit ans Herz gelegt, die
von der ersten bis zur letzten Sekunde betören mag und in eine Welt voller
Abgedrehtheit entführt. Den passenden Rahmen für dieses “irre” Oeuvre schuf
Dagmar Flemming, die mit ihrem ausdrucksstarken Artwork für die Visualisierung
der verarbeiteten Inhalte sorgt. Fazit: Mirko Uhlig & Marcus Obst stellen
mit “Hermit Haven” einmal mehr ihre Klasse unter Beweis, welche entweder fasziniert
oder abschreckt – meine absolute Empfehlung den Konsumentenschichten, die
diese Ausnahmeinterpreten seit Jahren verfolgen und denen, welche das absolut
Besondere im riesigen Musikkosmos suchen!
Vital
Weekly
741
Even a bit long, almost eighty minutes, is the release which I understand
is some sort of collaboration between Mirko Uhlig's Aalfang Mit Pferdekopf
and Marcus Obst's Droneament, both representatives of Germany's more 'softer'
drone scene and often incorporating field recordings. Each mixed three tracks
and are placed on the equal and unequal numbers here. In Uhlig's opening piece
already a lot is happening. In these twenty-four minutes more than on the
entire Tainted Corrosive Mist release. Field recordings, accordion, cello
playing and electronics. These are also used in the rest of the pieces, which
form an excellent example of 'extended drone music', for the lack of a better
word, and both artists are setting out excellent examples of that kind of
music. This is simply one of the best pieces of drone music I encountered
in some time. Acoustic, electronic, musique concrete, improvisation: its all
mixed here together, crafting some excellent music together.
Der
Medienkonverter
Fangen wir mit Beethoven an. Warum auch nicht. Was Musik angeht, kann das
kein schlechter Start sein. Wenn er heute noch leben würde, wäre er aber wahrscheinlich
froh, taub zu sein und die Interpretation seines Konzerts für Violine und
Orchester D-Dur op. 61 durch die beiden Projekte Aalfang Mit Pferdekopf und
Dronæment nicht mit anhören zu müssen. Das hätte das Erkenntnisvermögen des
schroffen Komponisten bei weitem gesprengt. So dürfte es auch dem Hörer von
"Hermit Haven" gehen: Die ersten zwei Tracks des Albums beruhen auf eben jenem
Konzert für Violine und Orchester. Erkennen tut man davon freilich nur noch
schwerlich etwas, denn Mirko Uhlig und Marcus Obst geben sich dem Wahnsinn
preis und haben ein Album voll verrückter Drone-Ambient-Stücke geschaffen.
Das resultierende, knapp 80 Minuten lange Album "Hermit Haven" war anscheinend
auch einigen Labels zu verrückt, aber es hat beim kleinen Label Tosom seine
Heimat gefunden. Aber natürlich ist Beethoven nicht die einzige Bezugsgröße.
Es werden auch noch Kurt Schwitters und sein Merzbau ins Spiel gebracht. Schwitters
hatte viele Jahre an seiner kubistischen Collagen-Grotte gearbeitet, bis sie
den Bomben des zweiten Weltkriegs zum Opfer fiel. Aber zurück zu Musik: Um
"Hermit Haven" ungehört erfassen zu können, müssen Beethovens Klassik mit
Schwitters collageartigem Design und das wiederum mit der Drone-Musik von
Aalfang Mit Pferdekopf und Dronæment verbunden werden. Voila: Ein sägendes
Cello, "La la la"-Rufe zwischendurch und Drones, die wiederum teilweise aus
dem Cello-Sound gebastelt scheinen. Aalfang und Dronæment präsentieren sich
einmal absichtlich schräg und ein anderes Mal introvertiert. Allein die ersten
beiden Tracks bringen es auf über 45 Minuten. Aufgrund des experimentellen
Charakters fällt das gar nicht auf, für wahnwitzige Wiederholungshörer hätte
es dann aber doch etwas weniger sein dürfen. Die folgenden Tracks geben sich
zwar nicht besser einschätzbar, kreisen aber um enger umrissene Themen (zumindest
glaubt man das). Die nach einem verwirrenden Anfang hallende Gitarre in "Ethnographische
Kühe" klingt fast idyllisch, bevor der Song am Ende wieder abdreht und einen
absolut verrückten zoologischen Text präsentiert. "Dronabinol" und "Suchness
/ Suchmess" sind die eher introvertierten, weniger experimentellen Stücke,
die sich mehr auf die Drone-Musik konzentrieren. Zum Schluss kommt die bereits
erwähnte Kurt Schwitters Referenz über den Hörer und mit ihr wieder das sägende
Cello aus den ersten beiden Tracks. Eigentlich würde man erwarten, dass am
Ende eines solchen Albums etwas Unerwartetes passiert, sich die Welt in ein
Dali-Gemälde verwandelt oder ähnliches. Stattdessen dröhnt und sägt sich "Hermit
Haven" eisern bis zum Schluss durch. Aber ein aufsehenerregendes Album benötigt
auch kein extravagantes Ende. Experimental-Drone-Kunst vom Feinsten, aber
leider wohl nur für einen kleinen Hörerkreis.
Bad
Alchemy
#67
The
Dormouse had closed its eyes by this time and was going off into a doze; but,
on being pinched by the Hatter, it woke up again with a little shriek, and
went on: „- that begins with an S, such as Suchness, Suchmess, or Schwitters...
Hermit Haven (TOSOM 051, CD-R) ist die Begegnung der Soheit von DRONÆMENT
und der Schwitterologie von AALFANG MIT PFERDEKOPF in einem umgestürzten Hafen.
Mirko Uhlig malt ‚Ein Umgestürzter Hafen: Hope Is The Canvas On That You Tallow‘,
‚Ethnographische Kühe‘, so dadaesk wie Märzhasen, und ‚Kurt Schwitters Stand
Am Hafen Und In Flammen, Seine Haare Zu Gebirgen Frisiert‘. Dazwischen schiebt
Marcus Obst, Uhlig verwandt wie ein Spiegelbild, im Geist des Zen, der Alice
im Wunderland mindfuckt, ‚The Conductor Is Reeling‘ ... and Writhing?... ,
‚Dronabinol‘ und eben die Muchness von ‚Suchness / Suchmess‘. Take care of
the sense, and the sounds will take care of themselves. Oder ist es umgekehrt?
Gespiegelte Cello- oder Orgelklänge werden Krebse. Oder Echos? Oder Schildkröten
und Zenexperten? Dronæment ist hier die Schildkröte, dröhngepanzert gegen
den Zahn der Zeit, offen wie ein Hafen, offen wie der Himmel für Leser und
Schreiber. Uhlig liebt Grillen, Frösche und Klassik. Er schmiert ins Blaue.
Sternbildhelden malt er einen Schnurrbart und verrät dabei ein Ziervogelrezept.
Obst lässt in den Stromschnellen kaskadierenden Gesangs eine Gitarrenuhr ticken,
die Eingeborenen rühren dazu ihr Tamtam. Ein stark verrauschter Schwitters
rockt zuletzt, shock-headed, einen neuen Star-Club. Oh my ears and whiskers!
Ox-Fanzine #93
Eigentlich
sind die Kollaborationen von Mirko Uhlig und Marcus Obst immer sehr schöne
und funktionierende Ambient-Drones mit seltsamen oder gar kosmisch-krautigen
Akzenten und weltentrückten Field-Recordings. Hier gibt es diese bewährten
Zutaten wieder, nur in einer Zusammenmischung die nicht wirklich funktioniert.
Da wären die beiden Hauptstücke, die mit weit über 40zig Minuten gnadenlos
zu lang sind und einfach verflachen, bzw. erst gar keine Spannung aufbauen,
geschweige denn halten können. Die wesentlich kürzeren Tracks vermitteln leider
auch nur eine Ahnung davon zu welchen Höchstleistungen die beiden aufspielen
könnten. Ganz obskur und unnötig verzerrt wird es dann beim letzten Stück
das wohl eine witzige Homage an Kurt Schwitters sein soll, damit komplett
aus dem Rahmen fällt und einfach nur befremdlich und deplaziert wirkt, aber
trotzdem nicht funktioniert. Die Aufnahmequalität ist wie immer von hervoragender
Qualiät, hier merkt man das die beiden ihr Handwerk einfach beherrschen und
auch das Coverdesign von Tosom steht dem wie immer in nichts nach.